Beiträge und Gedankene der Ethik-Kommission

13.08.2024

Gedanken zu den Kürzungen der Fördergelder des Bundes Kunst und Kultur Fonds

Die Ethik-Kommission des Dachverband Tanz Deutschland warnt vor den vom Bund beabsichtigten Mittelkürzungen für die Freie Szene und den damit zusammenhängenden Diskriminierungen und Machtgefällen.

Künstler*innen und Kulturschaffende im Tanzbereich leben zu einem großen Teil schon jetzt in prekären Situationen. Zur finanziellen Absicherung müssen, neben dem künstlerischen Schaffen, häufig noch Nebentätigkeiten ausgeübt und um die nächste Projektzusage gebangt werden. Die derzeitigen Förderrichtlinien sind bereits mit hohen Auflagen verbunden. Sie setzten ständige Innovation und neue Ideen vor raus, so dass Projekte nicht wiederholt und nur in Ausnahmefällen weiterentwickelt werden können. All diese Strukturen, verbunden mit einem hohen bürokratischen Aufwand, machen ein nachhaltiges Arbeiten derzeit schon kaum möglich.

Die geplanten Mittelkürzungen und die Auflösung des Etats für das Bündnis Internationale Produktionshäuser, gefährden die faire Ausübung des Tanzberufes und bedrohen den Fortbestand der Freien Szene. Mangelnde finanzielle, materielle und personelle Mittel haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die künstlerische Qualität, sondern auch auf den zwischenmenschlichen Umgang miteinander. Faire Honorare, faire Arbeitszeiten und gut ausgestattete Teams sind für ein ethisches Miteinander unabdingbar. Mit den Bestrebungen des Bundes werden ethische Grundsätze (wie Anti- Diskriminierung, Sensibilität für strukturelle Machtgefälle und sexualisierte Gewalt), für die sich die Ethik-Kommission einsetzt, außer Kraft gesetzt. Wir bewegen uns mit solchen Maßnahmen rückwärts.

Durch die politische Entscheidung distanzieren sich die Vertreter*innen des Bundes von den Lebensrealitäten und Bedürfnissen eines Großteils der Bevölkerung und schließen durch die Schwächung der freien Kulturszene weniger Privilegierte von Kunst und Kultur aus. Durch die geplanten Maßnahmen werden Hierarchien strukturell gestärkt und das Kreieren und Konsumieren von Kunst und Kultur wird (wieder) ein Privileg, zu dem nur wenige Zugang haben. Die Freie Szene ist der Kunstraum, der der Lebensrealität vieler Menschen am nächsten ist. Sie greift politische Phänomene auf und reflektiert sie, schafft Raum für Debatten und löst manchmal sogar soziale Bewegungen aus.

Die Bevölkerung hat ein Recht auf ein solches Angebot, denn nur eine starke Freie Szene repräsentiert die echte Vielfalt unserer Gesellschaft und eine starke Demokratie.

Um die Freie Kunst, insbesondere den Tanz als Kunstgattung und ihre Akteur*innen dauerhaft vor Diskriminierung zu schützen und existenziell zu stärken, fordert die Ethik Kommission des DTD eine unverzügliche Revision und Korrektur der Kürzungsbeschlüsse.

 

 

26.06.2024

Sexualisierte Gewalt[1] in der Tanzvermittlung – (k)ein Thema?!

Im März dieses Jahres setzte der Deutsche Kulturrat in seiner monatlich erscheinenden Zeitung „Politik und Kultur“ einen Schwerpunkt auf das Thema „sexualisierte Gewalt im Kulturbetrieb“. Überschrieben ist die 20 Beiträge umfassende Sammlung mit dem Aufruf „Hinschauen und Handeln“. Dass nicht nur eine Sensibilisierung für sexualisierte Gewalt in Musikschulen, Amateurtheatern, öffentlichen Bibliotheken, künstlerischen Hochschulen oder kultureller Kinder- und Jugendbildung notwendig ist, sondern auch Präventionskonzepte und Schutzmaßnahmen unerlässlich werden, machen die Beiträge eindrücklich deutlich. Leider trifft dies für den Beitrag aus der Tanzpädagogik nicht zu. Existiert das Problem hier nicht? Sind die Körperlichkeit von Tanz sowie die Nähe-Distanz-Antinomie (tanz-)pädagogischen Handelns nicht besonders anfällig für sexualisierte Grenzüberschreitungen, ob beabsichtigt oder nicht?

Wir wissen es nicht!

Es gibt keine Daten, auch keine Öffentlichkeit für das sensible und ausgesprochen schambesetzte Thema. Umso genauer müssen wir hinschauen. Aber selbst dann wissen wir nicht, wie Kinder und Jugendliche sich und ihren Körper in tanzpädagogischen Settings erleben. Gerade in dem Alter bis etwa 10 oder 12 Jahren sind sie nicht in der Lage, als unangenehm empfundene Berührungen, verbale Belästigungen oder voyeuristische Betrachtungen als sexualisierte Übergriffigkeiten zu erkennen, einzuordnen, geschweige denn zu benennen (vgl. UBSKM 2014). Erst aus der Retrospektive werden missbräuchliche Handlungen als solche erkannt. Das macht es besonders schwer, einschätzen zu können, ob das Feld der Tanzpädagogik und -vermittlung überhaupt oder besonders gefährdet ist.

Was wir wissen

Was wir allerdings seit 2010 wissen, ist, dass so ziemlich jeder gesellschaftliche Bereich, vornehmlich in besonders vertrauenswürdig erscheinenden Kontexten wie Familie, Kirche, Schule, KiTa oder Sportverein Schauplatz von sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist (Apin 2020, S. 9). Insbesondere die umfassenden und zugleich im Umfang und Ausmaß erschütternden Forschungsergebnisse aus dem Sport sollten uns nachdenklich machen (vgl. Zwischenbericht der Sicher-im-Sport-Studie von 2021). Im Sport steht wie im Tanz der Körper als Empfindungs-, Bewegungs-, Ausdrucks- und Sozialorgan im Mittelpunkt. Taktile Kontakte sowie Berührungen sind selbstverständlicher Bestandteil von Bewegungsabläufen wie auch Hilfestellungen und können als übergriffig wahrgenommen werden. Wenig variable Kleiderordnungen oder beiläufige sexistische Bemerkungen treffen die Heranwachsenden an einem besonders sensiblen und verletzlichen Ort: dem eigenen Körper. So unterliegen die Körper von Kindern und Jugendlichen den Beurteilungen ihrer Trainer*innen, Choreograf*innen oder Tanzpädagog*innen und damit einem impliziten Machtgefälle. Die potenziellen Risiken sexualisierter Gewalt sind von daher immer auch konstitutiver Bestandteil tanzpädagogischer Settings.

Was zu tun ist

  • Hinschauen, Aufmerksam werden und machen auf die individuell wie institutionell bedingten Risiken.
  • Über Selbstverständlichkeiten in der Vermittlungsarbeit sprechen, auch oder besser: vor allem mit den Kindern und Jugendlichen.
  • Thematisierung der Problematik sexualisierter Gewalt im Tanz und in der Tanzvermittlung als fester Bestandteil von Aus-, Fort- und Weiterbildungen sowie regelmäßige Erfolgsprüfungen.
  • Schulung und Qualifizierung von Fachkräften als Voraussetzung für An- und Einstellungen sowie entsprechende Prüfungen in Schulen und Bildungseinrichtungen.
  • Entwicklung verpflichtender Präventions- und Schutzkonzepte für das eigene Arbeitsfeld[2].

Last but not least

  • Qualifikationen wie Führungszeugnisse, Schulungen, Schutz- und Präventionskonzepte als Kriterium für die Förderung von Projekten und die Anerkennung privater Schulen.

Denn es ist nicht die Aufgabe der Betroffenen, den Kindern und Jugendlichen, Übergriffe oder die als übergriffig empfundenen Handlungen zu melden, sondern es ist Aufgabe der Erwachsenen, der Organisationen und Einrichtungen, sich über die eigenen Strukturen sowie Handlungen Klarheit zu verschaffen, um einen sicheren Raum für die Entwicklung von Heranwachsenden im und durch Tanz anbieten zu können.

Antje Klinge

 

Quellen:

Apin, N. (2020). Der ganz normale Missbrauch. Wie sich Missbrauch gegen Kinder bekämpfen lässt. Ch. Links-Verlag.

UBSKM. Unabhängige Beauftragte des sexuellen Kindesmissbrauchs (2014). Zahlen und Fakten. Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Zugriff unter https://beauftragte-missbrauch.de/fileadmin/Content/pdf/Zahlen_und_Fakten/Fact_Sheet_Zahlen_und_Fakten_zu_sexuellem_Kindesmissbrauch_UBSKM.pdf.

Forschungsprojekt SicherImSport (2021). Factsheet zum Abschluss der Datenerhebungen / Zwischenauswertung. Zugriff am 18.06.2024 unter: https://www.sportsoziologie.uni-wuppertal.de/fileadmin/sportsoziologie/Projekte/FactSheet_SicherImSport_Zwischenbericht.pdf.

 


[1] Sexualisierte Gewalt liegt in einem strafrechtlichen Graubereich und reicht von verbalen Belästigungen über voyeuristisches Betrachten des kindlichen Körpers bis zu (nur scheinbar unabsichtlichen) flüchtigen Berührungen von Brust oder Genitalbereich. Stets strafbare Missbrauchshandlungen umfassen sexuelle Handlungen am Körper des Kindes (hands-on) wie zum Beispiel Zungenküsse oder Manipulationen der Genitalien sowie schwere Formen sexueller Gewalt wie orale, vaginale und anale Penetration (vgl. UBSKM. Unabhängige Beauftragte des sexuellen Kindesmissbrauchs 2014).

[2] Orientierungshilfen bieten z. B. die Konzepte der BKJ (https://www.bkj.de/grundlagen/praevention-und-kindeswohl/) und der LAG Tanz NRW (https://www.lag-tanz-nrw.de/praeventionsarbeit/unser-schutzkonzept).

 

 

Nach oben

02.04.2024

Wie sieht es im Tanzparadies Deutschland aus?

63 Tanz- und Ballett-Kompanien gibt es in Deutschland. 10 davon bestehen aus mehr als 30 Tänzer*innen und gehören zu den renommiertesten auf der Welt. Diese Kunstgattung hat sich in den letzten 40 Jahren sowohl künstlerisch als auch tanztechnisch enorm entwickelt. Die physische und psychische Beanspruchung ist sehr belastend und sorgt oft für eine sehr kurze Karriere. Daher brauchen Tänzer*innen Schutzvorschriften, um sich vor Verletzungen, Unfällen und psychischer Belastung zu schützen.

Eine dieser Schutzvorschriften ist der Tarifvertrag NV-Bühne. In diesem Regelwerk wird in verschiedenen Sonderregelungen (SR) zwischen Solo-Tänzer*innen und Gruppen-Tänzer*innen unterschieden. Während in SR-Tanz für Tanzgruppenmitglieder bessere Arbeitszeiten- und Bezahlungsregelungen festgehalten sind, beinhaltet SR-Solo für Tanzsolist*innen weitaus weniger. Für Tanzgruppenmitglieder wird wöchentlich ein freier Werktag und ein halber freier Tag - der nicht auf einen Vormittag eines Sonntags oder eines Wochenfeiertags fallen darf - gewährt. Die SR-Tanz regelt auch Entgeltgruppen, die auf dem gleichen Niveau wie Opernchormitglieder sind und die sich an der Orchester-Bezahlung in den jeweiligen Häusern orientiert. Bei Tanzsolist*innen sind die Regelungen der freien Tage und der Bezahlung viel schlechter geregelt.

Diese Unterschiede stellen einen Widerspruch dar. Gerade die Solist*innen, die mehr Belastung und Verantwortung haben, bekommen die kleinere Gage und haben weniger Regenerationsphasen. Vor 1990 bestanden die Kompanien aus ca. 75 % Tanzgruppenmitgliedern und ca. 25 % Tanzsolist*innen. Heute ist es umgekehrt. Überwiegend werden meistens nur noch Solo-Verträge vergeben, mit der Verpflichtung bei Gruppenaufgaben mitzuwirken. Die Arbeitgeber*innen behaupten, dass diese Art Verträge künstlerisch geboten sind, da die Art des Choreographierens sich in den letzten Jahren verändert hat und es eine hierarchische Unterscheidung in einer Kompanie nicht mehr gibt. Fakt ist, dass die seit den 90er Jahren umgesetzten Einsparungen den Tanz am meisten getroffen haben. Der*die Arbeitgeber*in zahlt den Solist*innen weniger Gehalt und kann über sie mehr verfügen.

Meistens werden die Solotänzer*innen als Gruppentänzer*innen eingesetzt. So können die Häuser auf Kosten der Künstler*innen sparen. Gerade die Sparte mit den besten Auslastungszahlen und großer Beliebtheit beim Publikum wird im Theater am Schlechtesten bezahlt. Schnell entledigt man sich von Tänzer*innen, wenn nach einer Verletzung oder altersbedingt die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Dann folgt sehr oft die Berufsaufgabe. Große Bewunderung beim Publikum und schlechte Behandlung von Arbeitgeber*innen liegen nah beieinander. Die schlechten Bedingungen bleiben im Verborgenen, da es sich in diesem Beruf um unerfahrene junge Menschen handelt, die ihre Rechte nicht kennen und aus Angst nichtverlängert zu werden, über die Missstände schweigen.

Nun werden die Tänzer*innen durch Dancersconnect und die Bühnengewerkschaft (GDBA) über ihre Rechte gut aufgeklärt. Dies führte zu einer erstaunlichen Entwicklung. Während es 2017 knapp 200 Mitglieder bei der Bühnengewerkschaft (GDBA) gab, sind es heute mehr als 870 Tänzer*innen.

Egal wie viel Bewunderung und Anerkennung die Tänzer*innen erfahren, nur sie selbst können für Verbesserung ihrer Situation sorgen. Nach dem Motto: „man bekommt das, was man verhandelt und nicht das, was man verdient“. Für eine ethische Behandlung sollen sich die Tänzer*innen Verbündeten anschließen – wie der GDBA, der Ethik-Kommission Tanz oder Dancersconnect. Ziel müsste sein, dass es nur noch eine Sonderregelung Tanz gibt, die Solo- und Gruppentänzer*innen umfasst. Nur so können eine faire Bezahlung und zumutbare Arbeitszeiten erreicht werden. Aus dem künstlerischen Bereich könnten die Orchester hier als Vorbild dienen, da sie mit ihrer Solidarität untereinander bewiesen haben, dass Arbeitsbedingungen wesentlich verbessert werden können.

Adil Laraki, März 2024

 

 

Nach oben

06.12.2023

Newsletter Beitrag der Ethik-Kommission

Vorwort und Einordung:

Es ist sehr schwer, die Ereignisse im Nahen Osten in Gänze zu erfassen und verstehen.
Wir ringen um die 'richtigen' Worte und wissen gleichzeitig, dass sie nie für jeden die 'richtigen' sein können. So haben auch wir keinen einstimmigen Konsens herstellen können...
Dennoch wollen wir nicht schweigen.

Gedanken der Ethik-Kommission des DTD zum Nahost Konflikt

Wir sind zutiefst erschüttert und besorgt angesichts der menschenverachtenden Gewalt im Nahen Osten. Unser Mitgefühl gilt all denjenigen, die Opfer der eskalierenden Gewalt durch die Hamas-Terrorangriffe und durch die israelischen Streitkräfte in Gaza sind. Die in Folge verhärteten, polarisierenden und feindseligen Reaktionen auf unseren Straßen und in den sozialen Medien sind beunruhigend und fordern unsere plurale Gesellschaft heraus.

Als Ethik-Kommission des Dachverbands Tanz Deutschland fragen wir uns, was die Kunst und der Tanz beitragen können, um den Diskurs zu fördern und Ambivalenzen auszuhalten. Unser Blick richtet sich auf den menschlichen Körper.

Nationale, ethnische, religiöse und kulturelle Zuschreibungen werden häufig unreflektiert am Körper festgemacht. Der Tanz in seinen vielfältigen Formen kann als künstlerisches Mittel Zuschreibungen aufrütteln, so dass jeder Einzelne als Mensch gesehen wird.

Deshalb möchten wir ins Handeln kommen und den nächsten Reisenden Salon als Plattform für den einen weiteren Austausch nutzen. In Deutschland lebenden, unmittelbar betroffenen Tanzschaffenden unterschiedlicher Herkunft, religiöser Orientierung und Körperlichkeit wollen wir zuhören und gemeinsam überlegen, wie und was insbesondere der Tanz zur Schaffung eines respektvollen Miteinanders beitragen kann.

 

 

Nach oben

09.11.2023

Newsletter Beitrag der Ethik-Kommission

Die Ethik-Kommission des Dachverband Tanz Deutschland DTD

Es gibt keine machtfreien Räume - auch nicht im Tanz. Als Kunstform, in der der Körper im Zentrum steht, bedarf der Tanz besonderer Aufmerksamkeit. Die Beschäftigung mit der Thematik Macht und Machtmissbrauch im Tanz ist daher essenziell.

Der Dachverband Tanz Deutschland hat die Problematik von Machtmissbrauch, Grenzüberschreitung und Diskriminierung (wie sexuell, rassistisch, ethnisch, Körper, Verträge) erkannt. Er installierte vor vier Jahren eine Ethik-Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel, Unterlagen für eine zukünftige Ethik-Kommission zu entwerfen. Im November 2021 wurde die Ethik-Kommission offiziell eingerichtet.

Die Kommission besteht aus acht Mitgliedern, paritätisch gewählt von der MV und vom Vorstand des DTD, einer Verbindungsperson zum DTD sowie einer Mitarbeiterin des DTD-Teams, welche administrativ unterstützt. Die Mitglieder bringen wichtige unterschiedliche Expertisen mit: juristische, theoretisch-wissenschaftliche, medizinisch-psychosomatische, mental und physisch gesundheitliche, tanzkünstlerische (urbaner, klassischer, zeitgenössischer und afrikanischer Tanz), gewerkschaftliche, tanzpädagogische und tanzforschende. Alle arbeiten ehrenamtlich, sie erhalten ein Sitzungsgeld.

Als erste Aufgabe stand eine Recherche an: Inwiefern sind Arbeitsbedingungen im Bereich Tanz bereits erforscht? Welche persönlichen und beruflichen Rechte haben Beschäftigte im Bereich Tanz? Welche Studien zu Ethik, Machtmissbrauch und Tanz liegen vor? Für diese Recherchen waren die unterschiedlichen Expertisen sehr hilfreich. Daraus ergaben sich Themenfelder, die in Untergruppen systematisch bearbeitet werden. Konkrete Ideen flossen in die Kommissionssitzungen ein und wurden gemeinsam weiterbearbeitet.

Im Juni 2023 konnte die Kommission mit einem ersten Ergebnis an die Öffentlichkeit treten: das Online-Portal wurde aufgeschaltet. Zentral für die Kommission sind deren Ethikleitlinien (s. https://www.dachverband-tanz.de/ueber-uns/ethik-kommission). Das Online-Portal ist in zurzeit sechs Bereiche unterteilt. Der Bereich Materialien enthält Informationsmaterial über rechtliche, strukturelle, vertragliche Grundlagen sowie praktische Handlungsanweisungen und eine Sammlung wertvoller Quellen.

Recherchen haben gezeigt, dass der Institutionalisierungsgrad in Ausbildungsinstitutionen besonders hoch ist und zu Konflikten führen kann. Mit einem Online-Test lädt die Kommission zur Selbsteinschätzung ein, die die Tanz-Organisationen für die hausinterne Entwicklung diskriminierungsarmer Strukturen nutzen können.

Unter Good Practice Beispielen werden Institutionen und ihre jeweils konkreten Maßnahmen diskriminierungssensibler, demokratischer und arbeitnehmer*innenfreundlicher Strukturen in einem ca. 15-minütigen Video vorgestellt.  Die Videos, die in regelmäßigen Abständen gelauchnt werden, enthalten eine kurze Einleitung in das Thema und seine rechtlichen und politischen Implikationen sowie ein Interview mit einer*einem Alltagsexpert*in.  Anwendung und Praxis diskriminierungssensibler Maßnahmen, Herausforderungen und Lösungsansätze stehen im Vordergrund.

Mit der Liste branchenspezifischer, bundesweiter wie regionaler Anlaufstellen wird aufgezeigt, welche Beratungsmöglichkeiten bereits existieren; die Liste wird laufend erweitert.

Das Forum öffnet einen Raum für eigene Erfahrungen sowie den Austausch unter Tanzinteressierten und Betroffenen.

Schließlich werden unter Termine Veranstaltungen rund um das Thema Ethik und Tanz angekündigt. Im Aufbau befindet sich der «Reisende Salon», ein Format, respektvollen Austausch und Diskurs in der Szene in einem informellen Rahmen und in regelmäßigen Abständen an unterschiedlichen Orten zu einem ausgewählten Thema zu fördern.  

Die Ethik-Kommission strebt mit ihrem Wirken einen Beitrag zu vermehrter Transparenz an. Sie will Grundlagen zu bewusstem ethischem Handeln legen, um für unzulässige Grenzüberschreitungen zu sensibilisieren bzw. zu vermeiden und die Wertschätzung aller im Tanz Tätigen zu steigern. Die Herausforderungen werden sein, Schutz und Anonymität zu gewähren sowie eine Niedrigschwelligkeit für Betroffene zu ermöglichen. Last but not least: das Fass, das die Ethik-Kommission öffnet, muss sie auch bedienen und mit ihren eigenen Ressourcen bewältigen können. Von daher kann sie selbst nicht die Funktion einer Beratungsstelle übernehmen, allerdings nützliche Informationen, Quellen, Verweise und Anregungen anbieten.

Margrit Bischof, August 2023

 

 

Nach oben