Welttanztag am 29. April

Zum internationalen Welttanztag teilt der DTD die Botschaft der Tänzerin und Choreografin Kang Sue-jin.

Botschaft zum Internationalen Welttanztag von Kang Sue-jin

Deutsche Übersetzung aus dem Englischen (Ulrike Becker)

Autorin der diesjährigen Botschaft zum Internationalen Welttanztag: Kang Sue-jin, Südkorea
Tänzerin, künstlerische Leiterin des Koreanischen Nationalballetts

Die Coronakrise hat das freiheitliche Leben, das wir kannten, zum Erliegen gebracht, und mitten in dieser Tragödie denken wir nun neu nach über die Bedeutung der Worte „Tanz“ und „Tänzer*innnen“. In früheren Zeiten war der Tanz ein primäres Ausdrucksmittel und ein Weg, durch Gesten zu kommunizieren. Er wurde zu einer Performancekunst, die unsere Seele bewegte und das Publikum inspirierte. Tanz ist eine vergängliche Kunst, die sich, einmal beendet, nur schwer in ihrer ursprünglichen Form wiederherstellen lässt, denn sie wird mit der ganzen Seele und dem ganzen Körper erzeugt. Tanz besteht aus flüchtigen Momenten und erlegt den Tänzer*innen auf, für immer in Bewegung zu bleiben. Doch das Coronavirus hat die Tanzkunst in ihrer eigentlichen Form ausgebremst oder gar blockiert.

Obwohl die Lage langsam besser wird, unterliegen Tanzaufführungen noch immer vielen Einschränkungen. Deshalb pflegen und schätzen wir die kostbaren Erinnerungen an die Zeit, als der Tanz und die Tänzer*innen wie Juwelen funkelten, menschliche Qualen und Ängste, Hoffnung und Lebensmut vermittelten und die Welt zum Leuchten brachten.

Gleichzeitig sollten wir uns daran erinnern, dass am 28. Juni 1841, während der Nachbeben des Schwarzen Todes im mittelalterlichen Europa , in der Pariser Oper das Ballett Giselle, in dem die Kraft der Liebe über den Tod hinaus dargestellt wird, uraufgeführt und euphorisch bejubelt wurde. Seitdem wird Giselle in ganz Europa und weltweit aufgeführt, um den unter der Pandemie leidenden Menschen Trost und Kraft zu geben. Für mich wurde bei genau jener Uraufführung durch den damals neuen Spitzentanz zum ersten Mal der großartige Geist einer Ballerina sichtbar, die der Schwere und Schwerkraft und dem Elend der Welt zu entkommen versucht.

Das einsame, erschöpfte Publikum sehnt sich nach dem Mitgefühl und Trost der Tanzenden. Als Tänzer*innen glauben wir daran, dass das Schlagen unserer Flügel die Herzen derjenigen, die den Tanz lieben, mit Hoffnung erfüllt und ihnen den Mut gibt, diese Pandemie durchzustehen.

Mein Herz klopft jetzt schon voller Vorfreude.

Kang Sue-jin

 

Botschaft in Englisch, Französisch und Koreanisch